Stimmung zwischen mies und doll

Nach der Jahrhundertwende


Interessant ist der Ablauf des Karnevals aus dem Blickwinkel der Polizei. Die Rapporte, die beispielsweise 1902, in einer Zeit rückläufiger wirtschaftlicher Verhältnisse, von den einzelnen Bezirken erstattet wurden, waren sehr unterschiedlich.

1901 wurden am Rosenmontag "Ideale Zustände" aufs Korn genommen
1901 wurden am Rosenmontag "Ideale Zustände" aufs Korn genommen

Der Polizei-Bezirk 3 registrierte eine "schwache" Karnevalsstimmung - dementsprechend seien auch die Sitzungen des Allgemeinen Vereins im Kaisersaal der Tonhalle und der Großen Karnevalsgesellschaft im Rittersaal "nicht so stark besucht gewesen wie in den Vorjahren", die Bälle beider Vereine wiederum "erfreuten sich dagegen einer sehr starken Teilnahme" und seien trotzdem "ohne jede Störung verlaufen".

Die Bürgerwehr habe überhaupt nicht getagt, "da die Aussichten für einen günstigen Ausgang irgend welcher Unternehmungen zu gering waren". Die Sitzungen der Spiesratze jedoch seien gut besucht gewesen; "die letzte Sitzung war zum Besten hiesiger Armer und hat einen Überschuß von 450 Mark ergeben". Für die MalerRedoute habe man gar "1850 Karten verabfolgt gegen 1400 im Vorjahr.

Starken Verkehr, heißt es in dem Polizeibericht weiter, gab es "nur auf der Schadowstraße, sonst war es auf den Straßen verhältnismäßig sehr ruhig." Fremdenverkehr sei am Bahnhof gar nicht wahrzunehmen gewesen; "am Sonntag sind Extrazüge gelaufen, die nur mit ganz wenigen Personen besetzt waren". Am Rosenmontag fuhren dagegen - eine interessante polizeiliche Beobachtung - "3900 Personen von hier nach Cöln gegen 1900 im Vorjahr; angekommen sind hier (in Düsseldorf) nicht mehr Personen als an einem gewöhnlichen Wochentage, ebenso war dies dienstags".

Folge des schwachen Besuchs: "Auch die größeren Wirtschaftslokale waren tagsüber fast leer, erst gegen Abend füllten sich dieselben; die Angabe eines größeren Lokalinhabers, er habe noch nicht die Hälfte der vorjährigen Einnahmen erzielt, wird auf viele andere auch zutreffen."

„Eingeliefert" wurden bei der Polizei des Bezirks 3 an den drei tollen Tagen immerhin noch 13 Personen wegen Trunkenheit, ebenso viele wegen groben Unfugs, drei wegen Hausfriedensbruchs und einer, weil er einen Polizei-Sergeanten gefährlich verletzte.

Erstaunlich ist im Vergleich dazu, was der Polizei-Bezirk 2 vermeldete: Der Karneval verlief „im allgemeinen bedeutend lebhafter" als in den Jahren zuvor, „was seinen Grund hauptsachlich in der günstigeren Witterung haben dürfte. Trotz Arbeitslosigkeit und schlechter Geschäftslage waren die Schanklokale an allen drei Carnevalstagen bis spät in die Nacht hinein überfüllt". Der Betrieb insbesondere in der Nordstraße sei so lebhaft gewesen, „daß die elektrischen Bahnen zeitweise nicht mit voller Geschwindigkeit fahren konnten". Die Züge der Rheinbahn brachten aus Richtung Duisburg „ebenfalls unausgesetzt eine große Zahl von Fremden nach hiei'. Weniger erfreulich: „Unfug und Ausschreitungen aller Art wurden auf den Straßen und besonders in den Wirtschaften recht häufig verübt, auch kamen verschiedene größere und kleinere Schlägereien vor, so daß die zum Patrouillendienst kommandierten Polizeibeamten alle Augenblicke zum Einschreiten gezwungen waren." In Mörsenbroich überfielen mehrere Leute sogar zwei Polizei-Sergeanten, wobei einer nicht unerheblich verletzt wurde und „in Notwehr von seiner Schußwaffe Gebrauch machte". Gleich mehrere Revolverschüsse gab ein Kellner im Lokal „Rhenania" an der Goebenstraße ab, in der sich nachts „eine große Schlägerei" entwickelte. Auf der Alleestraße bestimmten Masken das fröhliche Treiben, das zeitweise, so ist im Bericht des Polizei-Bezirks 1 vermerkt, zur Einstellung des Fuhrwerksverkehrs zwang. Hier wie auch in anderen Stadtteilen war der Straßenbahnbetrieb sogar „äußerst hinderlich und gefährdete die Massen". Im nächsten Jahr werde deshalb „zu erwägen sein, ob der Straßenbahnverkehr über die Allee sowie in der Flinger Straße zu gewissen Stunden nicht eingestellt werden muß".