Berliner über Düsseldorfer Karneval

„Von dieser Lebenskunst können viele lernen"


„Der Düsseldorfer genießt seine Karnevalszeit mit einer natürlichen Selbstverständlichkeit wie etwas, das ihm gleichsam als Bürgerrecht gebührt, ihm rechtmäßig zukommt wie das tägliche Mittagbrot oder der abendliche Stammtisch", schrieb ein Berliner, der das närrische Wochenende an der Düssel verlebt hatte, im Februar 1933 in einem langen, begeisterten Brief an den „Düsseldorfer Stadt-Anzeiger".

„Der Düsseldorfer Humor", so hatte er beobachtet, „ist von einer völlig anderen Art als der Berliner Volkswitz, der wohl bitter spotten kann, sich aber höchst selten zur Freiheit der Freude und des heiligen Lachens aufschwingt. Der Düsseldorfer Karnevalshumor ist wieder aus ganz anderem Holze geschnitzt als die Faschingslust der Münchener oder Wiener. Hier Geist und Witz, dort Tanz und Rausch..."

Der Humor der Büttenredner, die er in der Brauerei Schlösser in der Altstadt hörte, „geht an keinem geeigneten Objekt vorüber, mag es das Stadtoberhaupt oder die tragischberühmte Mutter Ey sein, er wird aber niemals verletzen; er gibt dem Zuhörer ein gewisses Ausgleichsgefühl: ,Nu kriegt er's auch!' Das ist etwas Tiefmenschliches. Es ist ein Spott, der geradezu befreiend wirkt."

In der Tonhalle, wo er eine Damensitzung mitmachte, empfand der Berliner „Theaterschwung über dem Ganzen. Gepaart mit der Eigenart des Düsseldorfer Kunstgeistes, der bei allem, was er anpackt, einen Hauch von Farbe, Kunst, Schönheit und Geschmack zu geben versteht".

Er sei, bekannte der Besucher von der Spree, „vom Feiern zum Erleben gekommen. Ich kann zu Fiause erzäh len von der Seele einer Stadt, die in der instinktiven Freude am Spiel doch die Energie findet, bewußt alles Trennende, also alle Politik, aus dem Bewußtsein der Bürger auszumerzen, das Gefühl wiederzugeben, daß der Nachbar der Freund des Nachbarn, wenn auch nur für heute, sein darf. Von dieser Lebenskunst der Düsseldorfer Bürger können viele, viele in Deutschland lernen".